Hundeausbildungsmethoden – Teil I – früher war alles besser?

Ich möchte in loser Folge verschiedene Ausbildungsmethoden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) und völlig subjektiv aus meiner Erfahrung heraus beschreiben.  Übrigens sind alle Titel/Themen frei von mir gewählt und erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. 

Den Anfang mache ich mal mit der klassischen Hundesportausbildung.

Entstanden ist die Schutzhundearbeit und damit die organisierte Form der Hundeausbildung aus den Polizeihundevereinen heraus. Diese hatten den Zweck, im Kriegsfalle dem Militär gut ausgebildete Hunde zur Verfügung stellen zu können – für uns heute ein undenkbares Motiv.

Die Schutzdienstprüfung besteht aus drei Teilen:

Unterordnung: In der Unterordnung muß der Hund sowohl angeleint als auch "frei bei Fuß" zackig mit seinem Hundeführer marschieren. Rechte Winkel, Kehrtwendungen, Tempiwechsel, Sitz, Platz etc. folgen in festgelegter Reihenfolge aufeinander. Der muß dabei übrigens links laufen – diese Regelung folgt einer Heeresdienstvorschrift von Anno Zopf – der Soldat muß schließlich rechts unbehindert seine Waffe ziehen können.

Auf diesem Video sieht man übrigens eine Unterordnung aus der Weltmeisterschaft. Schutzdienst wird in der ganzen Welt als Sport ausgeübt, üblicherweise übrigens mit deutschen Hörzeichen.

Fährte: Der Hund muß eine – je nach Ausbildungsstand – eine vom Menschen gelaufene Spur (überwiegend geradeaus mit ein paar Winkeln) absuchen. Dabei läuft er frei (selten) oder an einer 10-m-Leine vor seinem Menschen. Auf der Fährte werden einige Gegenstände "verloren", diese muß der Hund durch Vorsitzen oder Abliegen selbständig anzeigen.

Hier sieht man einen Hund auf einer Bundessiegerprüfung:

Schutzdienst: Der Schutzdienst umfasst verschiedene Abschnitte wie z.b. das "Suchen" des Bösewichts, die "Lange Flucht", Verbellen etc. Der Mensch im Schutzanzug wird "Figurant" genannt. Üblicherweise trägt der Figurant in Deutschland eine wattierte Hose und einen sogenannten Hetzarm (bzw. Beißarm).

So sieht das dann beispielsweise aus:

Ziviler Schutzdienst bedeutet, dass der Figurant einen Vollkörperanzug anhat, der vom Hund nicht unbedingt als solches zu erkennen ist. Der auslösende Faktor Hetzarm fehlt.

Wird diese Form der Ausbildung mit einem sicheren Hund durchgeführt auf der Grundlage einer positiven Erziehung mit Konditionierung auf den Hetzarm spricht eigentlich wenig dagegen. Der Hund kann den ganzen Vorgang des Schutzdienstes erlernen ohne eine Spur Aggression dabei zu empfinden. Leider ist dies nur die Theorie… in der Praxis sieht es dann häufig so aus, dass bei dieser Art der Ausbildung der Hund zwar mehr oder weniger brav seine Übungen absolviert, aber das gewünschte "druckvolle" Verbellen und Halten des Figuranten nicht für gute Punkte in der Prüfung ausreicht.

Also wird ein wenig nachgeholfen: Der Hund wird "geärgert", gepiekst, bedroht und für jegliche Aktion nach Vorne, also gegen den Figuranten sofort belohnt. Damit wird der Hund schnell gepuscht und zeigt immer mehr Bereitschaft, anzugreifen. Leider wirkt sich dies auch auf das gesamte Verhalten des Hundes aus – schließlich wird er in Streßsituationen für Angriffsverhalten belohnt und erfährt daneben noch Entspannung und Erfolg. Schnell wird dieses Verhalten ("Angriff ist die beste Verteidigung") zum generellen Problemlöser – der Problemhund ist geboren.

Man hört immer wieder, dass der Schutzhund ja absolut gehorsam sein müsse – auch im hohen Erregungszustand müsse er auf Befehl sofort "Aus" lassen. Gut ausgebildete Schutzhunde tun dies natürlich… aber: Das zuverlässige Aus steht in der Ausbildung relativ weit hinten – schließlich darf der Aspirant nicht zu früh durch Druck verunsichert werden. Was ist also mit den ganzen Hunden, mit denen eine Schutzdienstausbildung angefangen, aber nicht beendet wird? Sei es aus Zeitgründen oder der Hund ist doch nicht so vielversprechend. Angreifen kann er.. Auslassen noch nicht. Und das macht es einfach gefährlich…

In der Unterordnung wird viel mit Spielmotivation ausgebildet – gleichzeitig aber mit Rucken und auch dem Stachelhalsband. Betrachtet man entsprechende Videos genauer, sieht man zwar vorgeblich "freudig" arbeitende Hunde mit Blick himmelwärts (häufig am Hundeführer vorbei!) und angespannt halb angezogener Rute, verhalten wedelnd… freudig ist anders!

Selbst in einem relativ aktuellen Video über die Anwendung von Stromreizgeräten (der Referent des Videos hat übrigens inzwischen mehrere Rechtsstreitigkeiten wegen des Einsatzes von Strom in der Hundeerziehung in seinen Seminaren verloren) in der Schutzhundeausbildung werden neben dem tierschutzrelevanten Einsatz auch noch gravierende Fehler in der Ausbildung an sich gemacht. Ein Beispiel: Hund schaut aus dem Fußgehen heraus vom Hundeführer weg zu einer Ablenkung. Hund schaut weg, Hund schaut weg, Hund schaut weg.. Stromeinsatz durch den Seminarleiter. Hund schreit, Hundeführer ruckt, schreit "Fuß", Hund kommt nach einigen Metern wieder ins korrekte Fuß. Hundeführer bleibt vor Seminarleiter stehen, Hund geht ins korrekte Sitz. Seminarleiter erklärt etwas und fordert dann den Hundeführer auf, den Hund nun zu loben. Was – bitteschön – soll der arme Hund denn nun gelernt haben?

Dieser Seminarleiter ist übrigens einer der ganz Berühmten in der  Schutzhundszene :(

Es geht übrigens auch anders: Es gibt komplett clickertrainierte oder spielmotivert ausgebildete – erfolgreiche – Schutzhunde. Leider sind sie die Ausnahme…

Selbstverständlich gibt es auch Vereine, die sich um eine tierschutzgerechte und lerntheoretisch korrekte Ausbildung bemühen – positive Beispiele/Berichte nehme ich gerne entgegen!

Übrigens sind die oben gewählten Videos reine Beispiele, die ich völlig willkürlich bei Youtube ausgewählt habe. Weder kenne ich die Darsteller noch ihre Ausbildungsmethoden. Meines Wissens haben sie auch mit dem genannten Seminar nichts zu tun.

Link zur Hundeschule Aschaffenburg – Sonderfall Schutzhundeausbildung.