Wandel im Hundeverhalten…

Noch vor einigen Jahren traf man ihn als Hundetrainerin regelmäßig: Den klassischen Raufer.

Meistens handelte es sich um Rüden, die mangels Sozialisierung nie gelernt hatten, mit anderen Hunden zu kommunizieren. Ihre einzige Möglichkeit beim Aufeinandertreffen mit anderen Hunden (oft dann auch egal, welches Geschlecht das Gegenüber hatte), eine (heftige) Auseinandersetzung zu starten. Viele verzweifelte Hundebesitzer traten daraufhin dem "Vier-Uhr-Club" bei, von uns so getauft, weil sie nur noch nachts um vier spazierengehen konnten.

Mittels Training, Verhaltenskorrektur, Raufergruppen und langwieriger, mühsamer Arbeit haben wir vielen dieser Hunde (und damit ihren Menschen) wieder zu einer entspannteren Umgehensweise mit anderen Hunden geholfen.

In den letzten drei, vier Jahren nun wurden diese Raufer immer seltener – sicher eine Folge der inzwischen weit verbreitet angebotenen Welpenspielgruppen (wobei eine schlecht geleitete Welpenspielgruppe schlimmer als ist, als gar keine zu besuchen, aber das ist ein anderes Thema). Soweit so gut…..

Nun treffen wir aber seit einiger Zeit verstärkt auf ein anderes Phänomen: Der "Ich darf alles" Hund. Parallelen zum antiautoritär "erzogenen" Kind aus den 70ern springen einem dabei geradezu ins Gesicht. In der Jugend des "Ich darf alles"-Hundes wird streng darauf geachtet, dass er weder Streß noch Langeweile ertragen muß. Grenzen? Regeln? Das ist doch alles altmodisches Zeug!

Das Ergebnis dieser "Methode" trifft man nun immer häufiger: Hunde, die hemmungslos andere Hunde anspringen, mobben, über-den-Haufen-rennen. Menschen in den Bauch springen oder wahlweise von hinten in die Kniekehlen, Kinder bedrängen und keine Sekunde stillhalten, von Wartenkönnen ganz zu schweigen. Gehorsam und Frusttoleranz gleich Null.

Was mich das stört, könnte man nun fragen…Gibt doch Umsatz in der Hundeschule, könnte man meinen. Das trifft natürlich teilweise auch zu und stört mich, die gerade den Steuerbescheid neben sich liegen hat, nicht wirklich.

Was mich aber traurig und wütend macht: Viele dieser Hundebesitzer lehnen eine konsequente, regelbehaftete Erziehung in der ersten Zeit ihres Hundebesitzerdaseins ab. Häufig bekommen wir dann zu hören (oder unsere Kunden): Wir seien so streng, der arme Hund muß doch mal laufen dürfen usw. Diese Meinung sei natürlich jedem zugestanden. Wenn dann aber der Hund erwachsen und unerträglich geworden ist, greift man zu anderen Maßnahmen: Soziale Deprivation (wochenlanges An-der-kurzen-Leine laufen, kein Hundekontakt, kein Spiel, zu Hause nur auf Decke liegen dürfen) oder gleich zum (übrigens nach wie vor verbotenem) Stromreizgerät oder (leider erlaubtem) Stachelhalsband.

Und das ist jetzt beileibe kein Einzelfall… Gerne würde ich hier etliche Beispiele nur aus unserem Kundenkreis erzählen, denen unsere Erziehung zu streng war und nun bei anderen Hundetrainern (tut mir leid, da kann ich grad nicht "Kollegen" sagen) zu obigen Methoden greifen. Andere Kollegen von Hundeschulen deutschlandweit berichten leider Ähnliches.

So wütend

Petra