Armer Hundetrainer… oder wie das Leben so spielt…

Als Hundetrainer muß man frustresistent sein… erzählen wir unseren Praktikanten immer. Im Moment fällt dem gesamten Team das allerdings sehr schwer, weil gleich drei Fälle uns wirklich belasten…

Nummer 1 sitzt seit langem mit "Verwöhnschaden" im Tierheim. Nein.. er wurde nie schlecht behandelt – sondern immer zu gut! Jeder Wunsch wurde ihm von den Augen abgelesen von den Vorbesitzern und sein Knurren und erstes Schnappen mit "das mag er halt nicht" abgetan. Ein paar Jahre ging das auch gut, aber inzwischen schnappt er nicht mehr, sondern beißt zu… Schnell, unvermittelt und heftig!

Er hat gelernt, jegliche Ansprüche an ihn zurückzuweisen und eigene Wünsche gnadenlos einzufordern. Das letzte Interessentenpaar sah sehr hoffnungsvoll aus. Motiviert, engagiert und anscheinend bereit, sich um seine langwierige Umerziehung verdient zu machen. Über zwei Stunden haben wir mit ihnen gesprochen (kostenlos, nur mal so am Rande…), alles wurde hoch und heilig versprochen… Gehalten hat es immerhin drei Monate, dann hat er wieder zugebissen und sitzt nun wieder im Tierheim.

Fall Nummer 2 kommt auch aus dem Tierheim… Über seine Vorgeschichte ist nichts bekannt, da er mit Maulkorb im Wald gefunden wurde. Tests von uns deuten darauf hin, dass mit ihm Schutzdienst begonnen und wieder abgebrochen wurde, seine Rasse spricht ebenfalls dafür.

Seit zwei Monaten hat er nun neue Besitzer, die bei uns im Training sind. Wir haben Nummer 2 während seiner Tierheimzeit oft im Gassigängerkurs und in den Spielstunden gehabt und kennen ihn gut. Er ist ein toller Kerl, aber fordernd und sehr "platzeinnehmend", wenn man ihn läßt. Seine Größe und sein Temperament machen es nicht leicht, ihn zu händeln, aber er st sicher hinzukriegen.

Bei den neuen Besitzern nun wird es immer schlimmer… Regeln werden nicht eingehalten, ihm wird immer mehr Raum gegeben, den er immer dreister besetzt. Ein Beispiel: Nummer zwei beginnt nach einer Woche, erstmals zu knurren. Er kommt, fordert durch energisches Anschubsen (was bei 50kg Hund blaue Flecken gibt) Streicheleinheiten. Bekommt er diese, knurrt er nach einer Minute so nach dem Motto: "Los, streichel mich – und jetzt hörst du wieder auf!". Ein beliebtes "Spiel" bei eigentlich unsicheren Hunden, die das Gefühl haben, die Führung übernehmen zu müssen. Diese Hunde sind meistens NICHT dominant, sie sind unsicher! Ein wirklich souveräner Hund hat diese Machtspielchen nicht nötig.

Nummer 2 ist es auf jeden Fall – er braucht ganz klare Regeln, an die er sich halten kann. Was er auf keinen Fall braucht, sind Menschen, die ihm keine Führung bieten – dann fühlt er sich im wahrsten Sinne des Wortes gezwungen, die Führung selbst in die Hand zu nehmen.

Nach zwei weiteren Wochen beginnt er, nach vorbeifahrenden Autos zu springen. Aufgrund seiner Größe beginnen wir mit Haltitraining.

Heute nun der Anruf: Nummer zwei hat die Frau des Hauses umgerissen… ohne Halti, dafür mit Brustgeschirr :(  Und er hat gebissen… als er gestreichelt wurde und aufs Sofa klettern wollte.

Nummer 3 ist mit Nummer 2 fast identisch, außer dass er privat und nicht übers Tierheim vermittelt wurde. Auch er hat nun gebissen. Und auch bei ihm steht die Abgabe im Raum.

Drei Hunde, die inkonsequentes Verhalten von Menschen ausbaden müssen.

Unsere Empfehlungen…. Hausstandsregeln? Handfütterung? Maulkorb? Halti? alles zigmal durchgesprochen, erklärt, gezeigt…. In jeder der Fälle wurde sich nicht daran gehalten. Nicht nur, dass der Hund wieder im Tierheim landet (und natürlich auch kein Mensch gebissen werden sollte), diese Hunde lernen doch auch noch etwas dabei! Mit jeder mißglückten Vermittlung wird es schwieriger, neue Menschen zu finden. Ich könnte heulen…. Mit meiner Frustresistenz ist es grad nicht weit her, ich gebe es zu.

Schönes Wochenende!