Das hab ich auch schon mal geübt…
… erklärte mir eine Dame am Sonntag. Unser Auto ist ja möglichst werbewirksam beklebt (danke nochmal an Max Möllermann für den schönen Entwurf). Leider hat das schöne Auto den Nachteil, dass Hundetrainers auch Sonntag früh um Acht mitten im dichtesten Spessart bei Dauerregen wahlweise beim Ein- oder Ausladen der vierbeinigen Bagage hören „Sie sind Hundetrainerin? Ich hab da mal ne Frage!“
Ungewollt bekommt man dann eine mehrstündige Geschichte über die gefühlten siebenunddreissig Vorgängerhunde zu hören bis man endlich am Kern anlangt – dem momentanen Fiffi, der irgendetwas nicht so tut, wie er soll… oder mehr tut, als er soll.. Oder -beliebigesProblemhiereinfügen
So als Hundetrainerin ist frau ja hilfsbereit – ohne deutlich ausgeprägtes Helfersyndrom sollte der Beruf auch nicht ergriffen werden – also hört frau wohlwollend zu, während sie hinter ihrem Rücken dem Ehegatten beschwichtigende Signale fuchtelt.
Ein kurzes Atemholen geschickt ausnutzend, wird der erste Trainingstipp in den Raum bzw. die gute Spessartwaldluft geworfen. Früher hörte Frau dann ein bestimmtes „Ja, aber!“, aber das scheint Out zu sein. Seit kurzem höre ich immer öfter auf Trainingsvorschläge „Das hab ich auch schon mal geübt!“ – mit leicht vorwurfsvollem Unterton, (ob an mich oder den Vierbeiner gerichtet, kann ich da nicht so genau erkennen) dass dieses aufopfernde Training nicht genügend Früchte getragen hat.
Auf Nachfragen hin, ob sich das „mal geübt“ wirklich auf Einzahl, also einmal geübt bezieht, wird das tatsächlich bekräftigt – ganz fleissige haben es wohl auch schon zwei oder gar unglaubliche drei mal trainiert. Gerne wird jetzt noch der Satz „Ich hab schon alles versucht, ehrlich!“ hinterhergeschoben.
Aha?
Mir fällt da mein Reitlehrer ein, der vor 25 Jahren mich und mein mehr schlecht als recht von mir selbst eingerittenes Pferdchen begutachtete… mir die ersten Übungen zeigte und meinte: So in einem Jahr sieht das sicher besser aus!
Ganz ehrlich? So einen Spruch kann ich mir als Hundetrainerin in unserer Habensienichtmaleinentipp?-Zeit nicht leisten – ausbaden müssen es die Hunde, die von einer Methode zu der anderen gezerrt werden und keine Zeit zum Lernen bekommen.
Ich bringe dann gerne mein Schreibenlernenbeispiel: Zeile um Zeile mit l, m oder a…. Lange dauert es, bis am Ende ein Aufsatz zu Papier gebracht wird. Aber unsere Hunde sollen die dollsten Sachen nach „mal geübt“ beherrschen?
Immer noch sind es Lebewesen – und damit braucht Lernen einfach Zeit
PS: Es hat mehr als ein Jahr gedauert, bis Pferdchen und ich wirklich ein harmonisches Team wurden ;)