Hundefreunde kaufen nicht beim Hundehändler…

… steht in der aktuellen Kampagne gegen Wühltischwelpen.

Das ist natürlich richtig, entspricht aber leider nicht der Realität, wie sie uns als Hundetrainerinnen mehr oder weniger täglich begegnet.

Tatsächlich kauft extrem selten jemand bewußt einen Welpen beim Händler; unbewußt hingegen passiert es ständig. Erst gestern wieder war jemand mit einem wirklich süßen Chihuahuawelpen hier bei uns. Allerdings ist die Maus mit 12 Wochen schon fast so groß wie meine Chidamen und wird daher sicher ausgewachsen deutlich größer sein… Ein putziger Mix wird es werden.

Die heutigen Hundehändler holen in den seltensten Fällen vor den Augen der Interessenten den Welpen aus einem Stall oder Kellerloch hervor. Heute wird da wesentlich geschickter agiert.

Hier ein paar Erkennungstipps:

Fragen vorab am Telefon:

  • Könnte der Welpe auch gebracht werden = wenn ja, Finger weg!
  • Mutter da? Wenn nein, Finger weg!
  • Wieviele Zuchthündinnen vorhanden? Verschiedene Rassen?
  • Wieviele Würfe gleichzeitig anzuschauen? Mehr als zwei, Finger weg!
  • Ohne Papiere billiger? Finger weg!
  • Fragt der Verkäufer nach Ihren Lebensumständen? Nein? Finger weg!

Vor Ort fragen bzw. prüfen:

  • Machen Sie sich vorher schlau, wie ein Welpe der gewählten Rasse aussieht und wie schwer er ungefähr zum Besichtigungszeitpunkt sein sollte. Welche Farben sind erlaubt? Sind Abzeichen erlaubt? Welche Farben sind gängig? Wir hatten schon Welpenkäufer, die für den gängisten Farbschlag der Rasse einen Sonderpreis bezahlt haben, weil das was ganz besonderes sei. Natürlich hat ein guter Hund keine Farbe, aber wer bezahlt schon gerne den vollen Rassehundpreis an einen Betrüger?
  • Welche Gesundheitsuntersuchungen bei den Elterntieren sind vorhanden? Leider ist es auch bei den ganz großen Zuchtverbänden immer noch bei vielen RAssen erlaubt, z.B. mit einer C-Hüfte zu züchten. Erklärung: A-Hüfte = gesund, B-Hüfte = leichtes Problem, C-Hüfte = Problem!!!! mit einer D- oder gar E-Hüfte z.b. wird der Hund oft nicht älter als wenige Jahre, wenn er überhaupt erwachsen wird. Mir ist es ein Rätsel, wie man mit C-Hüften (die dann nur mit A-Hüften kombiniert werden) züchten kann und hofft, dass die A-Hüfte des einen Elternteiles sich durchsetzt… Wenn Vererbung so einfach wäre, hätten wir nur gesunde Hunde :(
  • Machen Sie sich vorher schlau, was der normale Preis für einen Welpen dieser Rasse bei den verschiedenen Zuchtverbänden ist. Hundezüchter dürfen ruhig Geld verdienen, gute Zucht ist ihren Preis wert. Leider bedeutet dies, dass die Gewinnspanne (ca. 50 Euro für einen Kofferraum voller Welpen aus dem Ausland, Verkaufspreis 600-950 Euro hier pro Stück!) für skrupellose Vermehrer enorm ist.
  • Wie schaut es aus mit der Mutter? Sie muß unbedingt anwesend sein, ebenso Bilder vom Papa. Welche Papiere bekommen die Kleinen? Warum hat sich der Züchter ausgerechnet für diesen Zuchtverband entschieden?
  • Wieviele Zuchthündinnen gibt es? Tipp: Fragen Sie ganz unbedarft, ob nicht vielleicht noch eine andere Rasse da wäre, am besten etwas gegensätzliches… Ein guter Züchter wird Sie genau hinterfragen, ob Sie sich in ihrer Rassewahl auch sicher sind (und warum); der Händler hat ganz sicher "zufällig" eine Freundin/Bekannt, die einen Wurf der gesuchten Rasse liegen hat, da könnte er vermitteln….
  • Können Sie die Aufzuchtstätte der Welpen anschauen? Hat die präsentierte Hündin ein Gesäuge? Ist es überhaupt eine Hündin? Die Mutter muß kein großes Interesse mehr an den Kleinen haben, aber die Welpen sollten wie die Wilden auf sie stürzen….
  • Wie ist die Mutter? Sie darf ruhig die Besucher mißtrauisch beäugen, aggressives, ängstliches, hysterisches Verhalten hingegen wird sich – durch Vererbung oder Prägung – mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Kleinen übertragen.

Das hier ist übrigens die Mama von Holly, bei der die Babys auch mit 8 Wochen noch regelmäßig trinken durften:

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  • Das größte NO-GO ist ein unsicherer/ängstlicher Welpe: Entgegen aller Beteuerungen des Verkäufers wird sich das nämlich nicht mehr "geben". Mit viel Aufwand und viel Training werden sie bestenfalls eine Milderung erreichen (vielleicht hat der Kleine dann "nur" noch Angst und keine Panik mehr).
  • Versucht der Verkäufer, Sie unter Druck zu setzen (gleich kommt noch ein Interessent etc.) oder fragt Sie überhaupt nicht nach Ihren Vorstellungen und Lebensumständen = Finger weg!
  • Achten Sie auf so banale Dinge wie laufende Augen, krumme Beine (die Beine sollten gerade unter dem Hund stehen, X-Beine, ein- oder ausgedrehte Pfoten sind NICHT normal, stumpfes Fell, aufgeblähten Bauch, apathisches Verhalten, verklebten Popo und Nabelbruch (das bedeutet, dass der Nabel vorsteht. Das kann ganz harmlos sein, wenn es auch evtl. auch schlechtes Bindegewerbe hindeutet. Ein guter Züchter wird Sie darauf hinweisen, evtl. im Preis ein wenig nachlassen und Ihnen die weitere Behandlung erläutern. Wird es verschwiegen, ist es Betrug!).

Und so weiter, und so weiter… der beste Tipp ist wohl: Seien Sie extrem mißtrauisch! Hinterfragen Sie alles und glauben Sie nichts unbesehen. Leider schreien angesichts von Welpen sämtlich im Menschen vorhandenen Elterngene Hurra und überfluten das Gehirn mit Glückshormonen, die es einem extrem schwer machen, noch halbwegs vernünftig zu denken.

Ein Resultat dieses Hormonproblems können Sie übrigens auch bei mir bewundern: Ich liebe meinen Zeppo heiß und innig, aber er hat beide Ellbogen und beide Hüften kaputt. Er leidet unter Allergien und ist im Lerntempo der sicherlich langsamste Hund, den ich je hatte (was nicht weiter schlimm ist übrigens). Ich bin jeden Tag dankbar, den er noch laufen kann und turne täglich mit ihm.