Tipp der Woche: Alleine bleiben – das will gelernt sein!

Als erstes sollten Sie feststellen, ob Ihr Hund wirklich Angst hat oder empört oder gelangweilt ist, wenn er in der Wohnung beim Alleinebleiben jault oder Dinge zerstört (dies gilt nicht für Welpen/Junghunde/Tierschutzhunde), diese müssen auf jeden Fall alleine bleiben erst einmal lernen. Dazu ist es gut, Sie mittels Kamera den Hund beim Alleine bleiben beobachten können. Es gibt Apps, die dabei hilfreich sind. Dabei können Sie recht gut feststellen, ob Ihr Hund wirklich Angst hat oder „nur“ empört ist. Sind Sie sich unsicher in der Beurteilung, fragen Sie eine:n Hundetrainer:in.
Der folgende Text bezieht sich nun auf den ängstlichen Hund oder Hunde, die das Alleinebleiben erst einmal lernen müssen. Während der Lernphase darf der Hund nicht über seine bisherige gelernte Zeit hinaus alleine bleiben. Evlt. brauchen Sie dafür einen Hundesitter, eine Huta o.ä. Hilfe für die Betreuung.

Generelles Vorweg:

Häufig entsteht Angst in Verbindung mit dem Alleinsein dadurch, dass Hunde in Räumen untergebracht werden, die nicht eigentlich bewohnt werden, wie z.B. Kellerräume, Garage usw. Ein Hund, der das Alleinsein dort nicht akzeptiert darf hier keinesfalls allein untergebracht werden. Die Gewöhnung an das Alleinsein muss in den Räumlichkeiten stattfinden, in denen Hund und Besitzer wohnen.
Andererseits muss dem Hund auch nicht das ganze Haus zur Verfügung gestellt werden. Manche Hunde steigern sich durch unablässiges Hin- und Herlaufen erst in eine immer größere werdende Unruhe hinein.
Viele Hunde fühlen sich nach Gewöhnung in einer offenen Flugtransportbox (Höhle) wesentlich sicherer und wohler. Oder zumindest in einem kleineren, abgetrennten Raum, einer Ecke im Wohnzimmer etc.
Strafen Sie den Hund nie, wenn Sie nach Hause kommen und er etwas angestellt hat. Eine Strafe, die nicht innerhalb von 0,5 bis 2 Sekunden nach der Untat erfolgt, ist für den Hund unverständlich. Sie zerstört das Vertrauensverhältnis zu Ihnen und erhöht den Stresslevel während Ihrer Abwesenheit. Damit verstärkt sich gleichzeitig die Separationsangst des Hundes. Das teilweise von Hunden gezeigte Unterwürfigkeitsverhalten, welches der Mensch als „schlechtes Gewissen“ angesichts von zerstörten Sofakissen etc. interpretiert resultiert i.d.R. auf negativen Vorerfahrungen. Hunde machen da eine simple Gleichung auf,z.b. Mensch kommt nach Hause=Ärger. Oder Mensch plus ausgeräumter Mülleimer=Ärger. Den Umkehrschluss, dass es keinen Ärger geben würde, wenn sie den Mülleimer gar nicht erst ausräumen würden, kann ein Hund nicht treffen.

Übung zum alleine bleiben:

Verabschieden Sie sich nicht vom Hund – oder höchstens nur ganz kurz und beiläufig in einem immer gleich bleibenden Ritual.
Je mehr Sie beim Abschied auf den Hund eingehen, desto mehr hofft er zum einen, mitgenommen zu werden und desto schwerer fällt es ihm zum anderen zu verkraften, dass er allein bleiben soll. Versuchen Sie, eine ausgeglichene Stimmungslage zu erzeugen, indem Sie bereits eine halbe Stunde, bevor Sie das Haus verlassen, den Hund völlig ignorieren und damit uninteressant für ihn werden. Dann gehen Sie einfach hinaus. Wenn Sie wiederkommen, beachten Sie den Hund solange nicht, bis er sich beruhigt hat. Erst dann begrüßen Sie ihn freundlich, aber nicht zu überschwänglich. Fällt ihnen das zu schwer, begrüßen Sie ihn nur sehr kurz, aber keinesfalls so, dass Sie ihn noch mehr „aufdrehen“.
Damit machen Sie das Gehen und Wiederkommen weniger Aufregend und weniger Stressbelastet – auch wenn es Ihnen sicher sehr schwerfällt. Hat ihr Hund kein Problem mit dem Alleinebleiben, müssen Sie das natürlich nicht beachten.
Bringen Sie dem Hund bei, alleine in einem Zimmer des Hauses bei unverschlossener Tür zu bleiben. Voraussetzung ist natürlich, dass der Hund die Hörzeichen Platz und Bleib beherrscht. Beginnen Sie anfangs mit wenigen Minuten.
Folgt der Hund Ihnen, bringen Sie ihn ruhig, aber bestimmt an seinen Platz zurück. Hat sich der Hund kurze Zeit ruhig verhalten, gehen Sie in das Zimmer zurück und loben ihn freundlich, aber nicht überschwänglich. Die Wartezeit für den Hund darf nur so lange bemessen sein, dass er nicht in Panik verfällt. Vergessen Sie nicht ihm zu erlauben, dass er wieder aufstehen und das Zimmer verlassen darf, wenn Sie ihn abholen.
Zeigt Ihr Hund während der Übungen starke Unruhe oder Stresssymptome, müssen Sie die Zeit, in der der Hund alleine in dem Zimmer bleiben soll, reduzieren. Möglicherweise können Sie am Anfang nur für eine Minute den Raum verlassen, ohne dass der Hund unruhig wird. Dehnen Sie die Zeit dieser Übung immer weiter aus.

Spielen Sie mindestens 2-3 mal täglich folgendes Ritual durch:

Ziehen Sie sich Ihre Schuhe und ihre Jacke an, nehmen den Schlüssel in die Hand. Beachten Sie den Hund hierbei nicht. Sind Sie „ausgehfertig“, setzen Sie sich in aller Ruhe hin, lesen Zeitung o.ä.. Wiederum den Hund nicht beachten. Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Hund sich wieder entspannt hat, kleiden Sie sich aus und gehen Ihren normalen Beschäftigungen nach.
Bei diesem Ritual beachten Sie den Hund nur scheinbar nicht. In Wirklichkeit müssen Sie Ihn genau beobachten, ohne dass der Hund dies merkt.
Nach einiger Zeit sollte der Hund so weit sein, dass er sich bei dem Anblick „Herrchen/Frauchen zieht sich an um mich zu verlassen“ ruhig und entspannt bleibt, weil er merkt, dass ihm nichts Schlimmes passiert. Sobald Sie sicher sind, dass der Hund keine äußeren Anzeichen der Unruhe mehr zeigt, wenn Sie sich anziehen und den Schlüssel ergreifen, gehen Sie in ein Zimmer Ihrer Wahl und schließen sich dort für einen kurzen Moment ein.
Dann kommen Sie wieder heraus, ziehen sich aus, legen den Schlüssel weg. Der Hund wird die ersten Minuten nicht beachtet (siehe Begrüßungsverhalten).Sobald Sie einige Minuten in dem Zimmer sein können, ohne dass der Hund Terror macht oder weint, gehen Sie im Anschluss an Ihr „Anziehritual“ (vergessen Sie nie den Schlüssel dabei in die Hand zu nehmen) aus der Wohnungstür. Bleiben Sie hier kurz stehen und kommen ohne Begrüßungsritual wieder zur Tür rein. Mit der Zeit steigern Sie Abstand zur Haustür und die Länge der Zeit Ihrer Abwesenheit.
Sobald Sie sich aus der Haustür entfernen können ohne dass der Hund in Panik verfällt, ziehen Sie sich auch jedes mal, wenn Sie zum Briefkasten oder Mülleimer gehen in der oben beschriebenen Weise an und nehmen dabei den Schlüssel mit.
Unterbinden Sie generell, dass der Hund Sie auf Schritt und Tritt in der Wohnung verfolgt. Verlassen Sie das Zimmer und verbieten Sie ihm Ihnen nachzufolgen. Der Hund muss Selbstständigkeit erlernen, gestatten Sie ihm nicht, Sie z.B. auf die Toilette zu begleiten. Schicken Sie Ihn nicht zu streng, aber unmissverständlich weg. Wenn möglich schließen Sie die Tür hinter sich, wenn Sie z.B ins Bad oder in die Waschküche gehen, so dass der Hund gar nicht hinterher kann. Sofern es ohne größere Tragödie machbar ist, sollte der Hund auch nicht in Ihrem Schlafzimmer oder Bett schlafen.

Der Hund sollte unbedingt regelmäßig körperlich und geistig ausgelastet werden.

Betreiben Sie Selbstständigkeitsförderung durch entsprechendes Spiel. Dies heißt, dass Sie mit dem Hund in einer Art und Weise spielen müssen, die sein Selbstbewusstsein erhöht. Lassen Sie ihn beim Spielen mit einem geeigneten Spielzeug möglichst oft gewinnen, loben Sie ihn überschwänglich, wenn er sein Spielzeug stolz vor sich her trägt. Auch Suchspiele sollten Sie einsetzen, um dem Hund möglichst viele Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Sportarten/Übungen wie Agility, Tricks, Hindernisparcours, Mantrailen etc. sind ebenfalls sinnvoll.
Bringen Sie Ihrem Hund Tricks bei, wie z.B. Pfötchen geben, Rolle machen, Männchen machen, Schlappen bringen usw. Alles was der Hund kann, dient der Stärkung seines Selbstbewusstseins.
Gerne unterstützen wir Sie hierbei in Form von Einzelunterricht.

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