Sie haben also eine Kurznase, dh. Z.b. einen Mops, eine Bulldogge oder eine ähnliche Rasse.
Ihr Hund zählt also zu den sog. Brachyzephalen Rassen, das heißt, seine Kopfform (und häufig bei diesen Rassen/Mixen auch die Rutenform wurde züchterisch verkürzt). Dies hat neben einem sehr lustigen Aussehen leider auch häufig Auswirkungen auf die Gesundheit, die Sie vielleicht (wenn Sie einen Welpen erworben haben) jetzt noch nicht merken.
Aber sicher möchten Sie nur das Allerbeste für Ihren Schatz und daher gut vorbereitet sein! Wir helfen Ihnen mit sachlichen Informationen. Bitte fühlen Sie sich durch diesen Text nicht angegriffen oder beschuldigt. Uns geht es um Ihren Hund und um alle Kurznasen dieser Welt. Was in der Vergangenheit züchterisch getan und teilweise übertrieben wurde, kann auch züchterisch wieder geändert und verbessert werden. Das ist unser Ziel.
Auch wenn Sie Ihren Hund von einem guten Züchter gekauft haben, kann es leider sein, dass Ihr Hund in der Zukunft möglicherweise Probleme bekommen wird. Wir drücken selbstverständlich alle Daumen und Pfoten, dass das nicht der Fall sein wird. Unsere langjährige Erfahrung zeigt aber, dass viele Artgenossen mit kurzer Nase mit Problemen geschlagen sind und wir möchten Ihnen daher dringend raten, vorzubeugen:
Schließen Sie eine OP- oder noch besser Krankenversicherung für Ihren Hund ab. Empfehlungen bekommen Sie von uns. Achten Sie dabei explizit darauf, dass eine evtl. Nasen/Gaumen-OP und angeborene Krankheiten mit abgedeckt sind. Unter Umständen wird es schwierig, eine solche Versicherung zu finden. In diesem Fall sollten Sie jeden Monat einen festen Betrag ansparen. Infos zu den verschiedenen OPs gibt es hier
https://www.kleintierklinik.uni-leipzig.de/kurzkopf
Welche Probleme können Auftreten?
Atemnot
Das Röcheln, Schnarchen, Schnaufen ist nicht normal, sondern Anzeichen dafür, dass der Hund schlecht Luft bekommt. Dass es als rassetypisch bezeichnet wird, ist leider ein Zeichen dafür, wie gut Menschen darin sind, sich etwas schönzureden. Dazu gibt es sogar zwei Studien, die belegen, dass Menschen mit brachyzephalen Rassen ihren Hund zwar besonders lieben, aber auch alle Krankheitssymptome besonders leugnen. Dazu möchten Sie doch nicht gehören? Aufgrund der verkürzten Nase ist einfach nicht genügend Platz in der Schnauze. Die Nase ist zu kurz, aber innerhalb des Kopfes sind alle Schleimhäute etc. so groß wie bei normalen Hund des entsprechenden Gewichtes geblieben. Sie falten und quetschen sich in damit in den zu kleinen Rachenraum. Damit bleibt einfach zu wenig Platz zum Atmen. Abhilfe können verschiedene OPs schaffen: Erweiterung der Nasenlöcher, Gaumensegel-OP etc. Siehe Link der Uni Leipzig.
Mit der Atemnot einher geht eine starke Anfälligkeit für Hitze/Hitzschlag
Achten Sie unbedingt darauf, dass sich Ihr Liebling nicht übernimmt. Temperament und Einsicht gehen oft nicht einher mit der Kapazität. In der Huta müssen wir oft für Zwangspausen oder Zwangsabkühlung bei dem einen oder anderen Bully sorgen.
Oft treten diese Probleme erst mit dem Erwachsenwerden, also im Alter von 2-3 Jahren. Achten Sie auf vermehrtes Schnorcheln und Schnaufen! Stark betroffene Hunde schlafen häufig nur noch mit hochgelegtem Kopf, im Sitzen oder mit einem Spielzeug im Maul, damit sie durch den Mund atmen können.
Gerade die Bullyrassen sind oft sehr temperamentvoll und lustig. Es ist grausam anzusehen, wenn sie spielen möchten, aber aufgrund von Luftmangel nicht mehr mit den anderen mithalten können.
Rückenprobleme
Die verkürzte Rute setzt sich oft bis in die Wirbelsäule fort. Keilwirbel (das sind krankhaft veränderte Wirbel) sorgen für eine erhöhte Anfälligkeit für Bandscheibenvorfälle. Erstes Anzeichen für Probleme können z.B. vermehrter Passgang und ein Aufwölben der Rückenlinie sein.
Augenprobleme
Durch die oft hervorstehenden Augen sind diese natürlich auch stärker verletzungsgefährdet. In einer eigentlich harmlosen Auseinandersetzung mit einem anderen Hund bleibt schnell ein Zahn hängen. Das gleiche gilt für eine starke Befaltung im Schnauzenbereich (die u.U. auch stärker gepflegt werden muss).
Mehr Infos:
https://www.bundestieraerztekammer.de/tieraerzte/qualzuchten/BTK-Qualzuchtflyer_2016.pdf?m=1526635089&
https://www.tierarzt-rueckert.de/blog/details.php?Kunde=1489&Modul=3&ID=20842
Sie haben jetzt schon Ihren Hund – egal woher – und lieben Ihn. Das können wir sehr gut verstehen! Bitte sorgen Sie dafür, dass es ihm auch gut geht und verschließen Sie nicht die Augen vor evtl. noch kommenden Problemen.
Hier noch ein paar persönliche Worte:
Iris Franzke und Petra Führmann haben seit vielen Jahren Chihuahuas. Diese Rasse steht ebenfalls am Rande der Qualzuchtgefahr und rückt in den letzten Jahren immer mehr in diesen Bereich. Die Niederlande haben sie sogar mit auf die Liste gesetzt (und ein sehr gutes Programm gestartet, um das Problem einzudämmen):
https://www.vetline.de/eine-schnauzenlaenge-voraus-zucht-mit-brachycephalen-rassen
Der Trend beim Chihuahua geht in Deutschland seit einigen Jahren zu immer extremeren „Apfel“köpfchen, immer kürzerer Nase und immer größeren Augen = Qualzucht. Wir werden uns daher wenn es so weit ist, auf keinen Fall wieder einen solchen Hund kaufen. Vielleicht ist bis dahin die Zucht in den Niederlanden so weit, dass wir uns dort nach einem Nachwuchschihuahua umschauen können. Falls nicht, werden wir schweren Herzens auf einen Chi verzichten – dem Hund zuliebe.
Unsere Bitte als Trainerinnen und Hundeliebhaberinnen an Sie
Auch wenn Ihr Hund der wundervollste der Welt ist und eigentlich kaum etwas die Putzigkeit eines Kurznasenwelpen toppen kann (und vollkommen egal, was Ihr Züchter von freiatmend etc. erzählt hat): Bitte machen Sie alle Bekannten und Freunde, die angesichts Ihres Hundes auch an einen Kauf denken, auf die Problematik aufmerksam. Alle Hunde werden es Ihnen danken!
In Deutschland gibt es zwar vollmundige Bestrebungen der Zuchtverbände, aber keine wirklichen sinnvollen Regelungen. Hinzu kommt, dass der weitaus überwiegende Teil der neu registrierten Hunde nicht mal aus einer halbwegs seriösen Zucht kommt. Wir können derzeit daher als Hundetrainerinnen keinen Kauf einer wirklich brachyzephalen Rasse empfehlen. Einige Bemühungen, die Nasen durch Einkreuzungen (Puggle, Retromöpse etc.) zu verbessern, gelingen sehr wohl, andere sind reine Geldmache. Wir haben schon Retromöpse mit „ohne Nase“ gesehen, die teuer erworben, und nichts als leere Versprechungen bekommen haben. Seien Sie misstrauisch! Genetik ist nicht so simpel, dass Kurze Nase x Lange Nase automatisch eine mittlere, problemlose Nase ohne Rachenform ergibt.